Eine über 100-jährige Tradition hat das Fasnachtsbrauchtum im Westallgäu. Urkundlich nachweisbar ist es erstmals in Urteilen des Amtsgerichtes Weiler nach allzu frivol-närrischen Geschehnissen am "Gumpigen Donnerstag" in den Jahren um 1865. Die fasnächtlichen Umzüge und theatralischen Darbietungen der Handwerksburschen hatten in recht derber Weise Spott und Kritik über Obrigkeiten und Klerus ausgebreitet, was dazu führte, daß die Fasnacht in Misskredit kam und vielerorts im Westallgäu verboten wurde.

Eine Fasnachtszeitung "für Scheidegg und Umgebung" wurde erstmals in der Fasnacht 1907 herausgegeben. Ein Exemplar ist noch im Besitz der NZ Scheidegg.

Von Amtswegen gefördert wurde das Aufleben des närrischen Treibens zuerst in Scheidegg, als Ende der 20iger Jahre nach Unterhaltungsmöglichkeiten für die Urlaubsgäste gesucht wurde. Der Musikverein Scheidegg machte den Anfang und veranstaltete ab 1929 maskierte Bälle.

 1932 wurde die "Narrengesellschaft Isbäria" gegründet unter der Federführung von Hans Wilhelm, der später als Scheidegger Bürgermeister die Fasnacht und das Narrentum personell und finanziell förderte. Hauptakteur war damals schon Hans Bildstein, der in der Theatergemeinschaft als Laienspieler einen sehr guten Ruf hatte. Zusammen mit Dr. Alex Bittler wurde ein beachtlicher Hofstaat mit einem Elferkomitee, einer schneidigen Tanzgarde, talentierten Hofnarren und Pagen sowie eine Fanfarenbläsergruppe auf die Beine gestellt, dessen närrische Aktivitäten sich hauptsächlich im "Kronensaal" abspielten.

  

  

  Als Leitfigur der Narrengesellschaft diente der "Schoidegger Isbär" auf Grund einer alten Sage, die sich im Rohrach nahe Scheidegg zugetragen haben soll. Die beachtlich großen Fasnachtsumzüge in Scheidegg wurden in den 30iger Jahren jeweils am Rosenmontag abgehalten.

  
  
 
Bereits damals wurden die Umzüge jeweils von einem Narrenbüttel und dem Isbären samt Bärentreibern angeführt.
 
  
  
  
  
  
  
  
Aber auch von fasnächtlichen Aktivitäten im Schnee berichtet das Anzeigenblatt für das Westliche Allgäu am 12. Februar 1934, als in Scheidegg am Blasenberg maskierte Wettläufe für Jung und Alt veranstaltet wurden.
  
  
Als 1939 die Welt in Brand gesteckt wurde, räumte auch die Narrengesellschaft Isbäria die Bühne ab. Die Wiederaufnahme der Tradition im Jahre 1954 war dem Vorsitzenden des Fremdenverkehrsvereines, Bernhard Hauber, zu verdanken. Bühnenerfahrung und Organisationstalent stellten wiederum Hans Bildstein in den Mittelpunkt, sei es in der Funktion des Prinzen Karneval oder des Präsidenten.
  
 
Am 4. März 1954 schreibt der Westallgäuer: "Die wiedererstandene Narrengesellschaft hat ihre Feuerprobe bestanden und das sei ganz besonders hervorgehoben, hat sie bewiesen, daß das Niveau einer Veranstaltung durch die Anwesenheit des närrischen Hofstaates gehoben wurde und daß sie sich an ihr diesjähriges Geleitwort hielt "Lustig in Ehren kann niemand verwehren". Schon in diesem ersten Isbäria-Jahr nach dem Krieg gab der Kurort "Rheumatia" (Weiler) für 270 auf geschmückten Wagen anrollenden Isbärianern einen großartigen Empfang, an dem sich seine Honoratioren und örtlichen Vereine aktiv beteiligten.
 
 
 
 
 
 1955 konnte die Sporthalle zur Fasnachtseröffnung nicht alle aufnehmen, die Einlaß begehrten. Das damals schon recht betrübte vor sich hin dampfende Isebähle bekam neuen Lebensmut, als es prächtig dekoriert, 1000 Maskerer aus Scheidegg nach Oberstaufen zum Fasnachtsumzug beförderte und stolz die Auszeichnung "Sonderzug" führen durfte.
 
 
 
1956 wurde die Närrische Regentschaft erstmals in die Hände eines Prinzenpaares gelegt, Ein Höhepunkt in der Fasnachtsgeschichte zeichnete sich 1957 ab, als zum Narrentreffen in Scheidegg nahezu 5000 Menschen zusammenströmten. Ein Fasnachtsumzug mit 35 Wagen und Reitergruppen sowie zahlreiche Narrenzünfte aus dem schwäbisch-alemannischen Raum begeisterten die Zuschauer,die mit Son- derzügen nach Scheidegg gekommen waren, Musik und Tanz gab es nicht nur in allen Lokalen, sondern auch auf Straßen und Plätzen.
Der am 8. Februar 1958 stattfindende Bauern und Bürgerball war wie in den vergangenen Jahren eine Gemeinschaftsproduktion aller örtlichen Vereine und fügte der Fasnachtsgeschichte ein weiteres Lorbeerblatt hinzu. Mit dem Tod des in Theater- und Isbäriakreisen unvergessenen Hans Bildstein wurde es plötzlich sehr still.
 
 
 
Da der Wunsch der Scheidegger nach einem Anschluss an die alten und fröhlichen Fasnachtszeiten immer lauter wurde, brachte Bürgermeister Bernhard Huber den Stein ins Rollen und lud interessierte Kreise am 11.11.1967 ins Café Alpenrose ein. Am selben Abend gelang die Gründung der neuen Narrengesellschaft mit Erich Wöhrle als Präsident. Der Start glückte und mit dem Narrenruf "Hoppla-Ho, d'Schoidegg isch asoo" zog man durch die 60 närrischen Tage und Nächte der Fasnachtskampagne 1968.
 
1969 wurde Dolly Kraus zum Präsidenten gewählt, der mit viel Elan die Narrengesellschaft durch die fast 20 kommenden Jahre führte. Im selben Jahr wurde der Narrenmarsch von Franz Baumann komponiert. Die Scheidegger Drehscheibe bot in der Ära "Dolly" Bilder und Szenen, wie man sie aus den Karnevalshochburgen kennt. Mal wurde die Sporthalle zum Eispalast und die Bühne zur Tropfsteinhöhle - durch das Nordlicht schmunzelte der Isbär, mal wurden die Bühnenbauer durch die Akropolis inspiriert, als sie die Sporthalle in einen Tempel mit Säulen samt prächtiger Ausstattung verwandelten, oder es wurde mit 500 bunten Luftballons, Blüten, Blumen sowie reflektierender Spiegel ein prächtiger Rahmen für die Ballveranstaltungen geschaffen. Mit großem Aufwand wurden die Scheidegger Fasnachtsumzüge abgehalten. Die örtlichen Vereine setzten sich voll ein und übertrafen sich mit originellen Einfällen. Eröffnung der Fasnachtssaison, herrliche Maskenbälle, Narrenumzug und Kinderfasnacht, sowie das Stellen des Narrenbaumes mit anschließendem Rathaussturm waren die alljährlichen Veranstaltungen der Narrengesellschaft, die darüber hinaus auch noch Zeit fand, an auswärtigen Veranstaltungen und Umzügen teilzunehmen. Eine Rückbesinnung der Scheidegger Narren auf die gute schwäbisch- alemannische Tradition erfolgte ab Mitte der 70iger Jahre.
 
Entscheidender Motor hierzu war Bernhard Hauber jun., der in enger Zusammenarbeit mit dem Narrenpapst Jürgen Hohl den Schoidegger Käsmolle schuf. Am 11. 11. 1976 wurde die neu geschaffene Narrenfigur erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, der Taufakt wurde am 8. Januar 1977 vollzogen.
 
Neben den Narreneltern, Hofmarschall, dem Elferrat, Garde und Hofnarren wurde somit ein zweites Standbein geschaffen, das die Regionalen Grundelemente der schwäbisch- alemannischen Fasnacht mit in das närrische Geschehen in der Marktgemeinde einband.